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Schluss mit der Fake-Bubble

Schluss mit der Fake-Bubble

Ich bin entzaubert… und genervt. Das große, weite Internet zeigt eine Welt, in der man als perfekte Mutter die beste Zeit ever hat, man mit seinem ersten Buch mühelos steil durchstartet, Hobbybäcker komplett im Backen aufgehen und es keinen Trick gibt, den sie nicht kennen und die Wohnung mit teuren Designermöbeln und Klamotten ausgestattet ist – und trotzdem hat man immer Zeit für ein locker aus der Hüfte geschossenes Bild, ein knappes Video und drei Artikel am Tag.

So weit, so unrealistisch. Denn eine Familie zu managen, ein Buch zu schreiben, einen Blog zu betreiben, alleinerziehend zu sein und einem Job nachzugehen ist nicht easypeasy, sondern Arbeit – wirklich harte Arbeit, die Anerkennung verdient. An manchen Tagen gelingt sie leichter, an anderen schwerer. Aber von den schweren Tagen sieht man nichts. Sie werden ausgeblendet. In Filmen und Youtube-Videos sieht man Bloopers, aber auch die sind wieder witzig, unterhaltsam…

Wo ist die Ehrlichkeit?

Was mir aber fehlt ist die Ehrlichkeit in den Social Media Kanälen, die „Realness“. Denn was schwer ist, wo gekämpft wird, wird anscheinend nicht gern gezeigt. Oder wird es nicht gern gesehen? Leichtigkeit zählt, Mühelosigkeit siegt. Ein Blick hinter die Kulissen? Bloß nicht! Stattdessen perfekt gestylte Wohnung, perfekt gestylte Kinder und immer ein Lächeln auf dem Gesicht.

Ich muss ganz direkt fragen: Wie kann es sein, dass bei einem Mompreneurs-Treffen Kinder und Kinderwagen nicht willkommen sind, weil die Kinder stören könnten? Es ist doch ein Treffen für Mütter und die haben für gewöhnlich Kinder? Sollte nicht gerade hier das Zeichen gesetzt werden, dass Kinder und Berufstätigkeit zusammenpassen? Ist es nicht ein fatales Signal ausgerechnet hier keine Kinder zu erwünschen? Wie kann es sein, dass jemand als Back- und Koch-Guru auftritt, ohne etwas über Kochen und Backen zu wissen? Wie oft werden Bücher gehypt von mittelmäßigen Schriftstellern, obwohl es unendlich viele talentierte Schreiber gibt? Zählt immer nur das lauteste Mundwerk, die größte Social-Media-Reichweite und das Herauspoltern von gerade angesagten Schlagworten?

Hat man sich als Blogger oder Webseite einmal seinen Stellenwert erwirtschaftet oder mit einem Quäntchen Glück erreicht, muss man offen gestanden nicht mehr viel tun, die Goodies und Einladungen flattern nonstop ins Haus. Tatsächliche Performance Indicators guckt sich kein Mensch an, die Perfomance eines Blogs ist vollkommen egal, solange nur genügend Social-Media-Follower vorhanden sind. Ob eine Webseite wirklich Reichweite hat, ist unwichtig… noch.

Wenn alle es schaffen, muss ich es doch auch schaffen

Geben wir uns in den Social Media Kanälen immer mehr dieser perfekten Traumwelt hin, baut es es Druck auf, vor allem bei denjenigen, die die Artikel, Bilder und Videos konsumieren. Wir genügen uns selbst nicht mehr und werden unzufrieden. Frei nach dem Motto „Aber die anderen schaffen doch auch alles, also muss ich das doch auch hinkriegen!“ Wenn wir daran scheitern oder uns schwer damit tun, dieser perfekten Welt nachzueifern, fühlen wir uns mies. Es sieht doch bei den anderen so einfach aus, warum gelingt es mir nicht so mühelos?

Das Schizophrene an der Sache ist aber, dass viele derjeniger, die eine Scheinwelt aufbauen, kaum ihre Miete bezahlen können, aber den Schein erwecken in Designerklamotten zu baden und kaum zu wissen, wohin mit dem Geld. Weil ihnen vieles geschenkt wird. Auch daran finde ich nichts Verwerfliches, das Problem ist aber, dass darüber nicht gesprochen wird. Weder über die Geschenke, noch über die Realität des Bloggerlebens oder wie es heute heißt, das Leben des Influencers, auf welchem Kanal auch immer.

Ich wünsche mir so sehr ein wenig mehr Offenheit und Ehrlichkeit im Netz. Denn unterm Strich haben wir von der Blase, dieser Fake-Welt, alle nichts. Sie wird platzen. Aber wer traut sich den Anfang zu machen?

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