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Wenn Authentizität zum Marketing-Buzzword verkommt

Wenn Authentizität zum Marketing-Buzzword verkommt

Die schöne Social-Media-Welt erobert unsere Leben und es dürfte nur wenige geben, die absolut gar keinen Social-Media-Account haben und sich komplett ausklammern. Sei es Instagram, einen Blog, der eigene Facebook-Account – jeder nimmt auf die eine oder andere Weise am Leben seiner Freunde, aber auch an dem von Fremden teil. Über bestimmte Accounts stolpern dabei mehr Leute, die Accounts der Influencer. Was genau macht aber einen Influencer eigentlich aus?

„Sei einfach du selbst“

Der Begriff an sich wird ja mittlerweile inflationär gebraucht, denn wirklich beeinflussen tut ja nicht jeder der so Deklarierten. Die Followerzahlen sind auch nicht mehr so aussagekräftig, wie zu Beginn der Social-Media-Ära, wissen wir doch alle, dass die Follower auch gern mal gekauft sind. Trotzdem reißen sich die Agenturen und Marken um diese Influencer. Auch der Axel-Springer-Verlag möchte da mitspielen und rief kurzerhand einen Preis ins Leben, um die aufstrebenden Beeinflusser auszuzeichnen. Ganz nebenbei werden so auch neue Werbekunden akquiriert, aber da schaut ja keiner so genau hin.

Welchen Tipp hört ihr immer und immer wieder, wenn Youtuber oder Instagram-Sternchen nach dem Geheimnis ihres Erfolgs gefragt werden? “Sei ganz du selbst, ganz authentisch”. Jeder der Gekührten sagt brav in die Kamera, dass sie ganz authentisch und immer sie selbst auf ihren Social Media Kanälen sind.

Klar…

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Ganz im Ernst: Wenn ich im Urlaub bin, liegen meine Haare nicht, Schminke kann auch wegbleiben und ich laufe ganz offen gesagt rum wie Karl Arsch. Man darf natürlich nicht von sich auf andere schließen und es gibt durchaus Menschen, denen ihr Aussehen im Urlaub bedeutend wichtiger ist als mir. Das ist auch gut so.

Doch bei diesen Damen und Herren ist der Urlaub aalglatt, da liegen die Haare nicht unordentlich, sondern werden bewusst „undone gestylt“, da tanzt jede Strähne ihre eingetrichterte Choreographie.

Gibt es sowas wie Authentizität überhaupt noch?

Was aber nichts mehr mit Authentizität zu tun hat, ist Fotos im mittleren dreistelligen Bereich zu knippsen, um endlich ein Gescheites zu haben, das man dann in den Social Media Kanälen hochlädt. Groß auf dem Blog zu verkünden, wie easypeasy es ist alleine mit einem Kind zu reisen, aber im Freundeskreis zu klagen, wie anstrengend alles war und sich das Kind nicht benommen hat, geschweige denn die landesübliche Küche essen wollte. Nach außen darzustellen, dass man La Dolce Vita lebt, zuhause aber die Miete nicht bezahlen zu können. Sich keinen Urlaub leisten zu können und daher jede gesponserte Reise anzunehmen, ohne diese als solche zu deklarieren. Und Leute aufzurufen, zu spenden, wenn man aus gut betuchtem Hause kommt, während manche Leute nicht einmal halbwegs über die Runden kommen.

Natürlich darf jeder nach seiner Facon leben, ich finde es aber ab dem Zeitpunkt problematisch, in dem man anderen ein schlechtes Gefühl, das Gefühl des Nicht-genug-Seins gibt. Junge Mädchen, junge Menschen im Allgemeinen, sind leicht zu beeindrucken und hinterfragen nicht so sehr, was ihre Idole auf Instagram tun und wie sie in Wirklichkeit drauf sind. Wenn dann der Tip kommt “Sei einfach du selbst” und genau diese Strategie aber nicht aufgeht, stellen sie sich unweigerlich die Frage, was mit ihnen nicht stimmt. Irgendwas muss ja falsch mit ihnen sein, denn sonst wären sie doch glücklicher und erfolgreicher, oder?

Das gleiche gilt für Mütter, die auf Reisen schlaue Tips an all die Muttis da draußen geben, dass es doch ein Kinderspiel ist mit einem kleinen Menschlein zu reisen – auch hier kommt das Gefühl auf, dass wenn es anstrengend ist und man kurz vor der Verzweiflung ist, dass man eine schlechte Mutter ist und es am besten gleich bleiben lassen kann. (Positive Ausnahmen, wie dir von mir heiß und innig geliebte Constance Hall gibt es natürlich. Ein Hallelujah auf sie!)

Social-Media-Fakes bedrohen die Professionalität der Branche

Auch bei den Best9 auf Instagram konnte man wieder Sätze der Blogger lesen wie „Danke für die Zusammenarbeit mit dir, Promi XYZ“, obwohl es keine Zusammenarbeit gab, sondern lediglich ein Meet&Greet gewonnen wurde. Betrachtet man es mal so, ist es bestenfalls bedauerlich, wenn man es nötig hat, sich mit solchen Federn zu schmücken, aber es wirft auch die Frage nach echten Werten und nach Substanz auf. Wenn man es nötig hat so zu tun, dass man mit Promis zusammengearbeitet hat, das aber nie getan hat, ist es eine blanke Lüge. Aber mehr als das.

Jeder kann tun und lassen, was er und sie will, aber den Selbstbetrug (und den Betrug an den Followern) als „Authentizität“ zu deklarieren ist schlichtweg Verarsche. Und solange Agenturen, „Influencer“ und andere in der Branche das Spiel mitspielen, hat die Social-Media-Marketing-Branche nur schlechte Chancen auf echte Professionalität.

Es wäre doch mal erfrischend, wieder ein bisschen mehr „realness“ zu sehen, oder? Also, Stock aus dem Allerwertesten, mutig sein und sich selbst nicht mehr so ernst nehmen. Das macht nämlich Spaß!

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