Nord-Norwegen im Dezember: Was mich vor Freude herumspringen lässt, bringt andere nur zum Kopfschütteln. Warum sollte man das tun? Die Vorurteile kennt jeder: Es ist dunkel, kalt und nass. Ja, es ist dunkel und nein, es wird tagsüber nicht hell. Aber es ist längst nicht so kalt, wie man angesichts der Lage nördlich des Polarkreises vermuten könnte. Und was gibt es an Schnee auszusetzen? Eben! Es gibt mindestens fünf gute Gründe, Tromsø, die größte Stadt nördlich des Polarkreises, im Winter zu besuchen.
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Die Nordlichter
Warum reist man in den Norden Skandinavien im Winter? Ganz klar, wegen der Nordlichter. In den Wintermonaten, wenn es nahezu kein Tageslicht gibt, sieht man das Farbspiel in besonders intensiven Farben. In Tromsø selbst wird es etwas schwierig, da es viel Straßenbeleuchtung und das Licht aus den Häusern gibt. Ein Ausschlusskriterium ist das nicht, aber in der unbewohnten Natur lässt sich das Spektakel doch deutlich besser bewundern. Entweder man düst selber mit dem Mietwagen raus, oder aber man bucht wie ich eine Nordlicht-Tour. Ich tendiere immer zu kleinen Touren von maximal 15 Personen, denn dann ist es nicht so laut und wuselig. Noch dazu kommt man mit den kleineren Transportern auch auf engen Straßen weiter, als es ein großer Reisebus könnte.
Eine Tour ist auch deswegen empfehlenswert, weil sich die Guides untereinander absprechen und sich Tipps geben, wo man die besten Chancen auf Nordlichter hat. Wer die Nordlichter fotografieren möchte, aber kein Stativ hat, kann bei manchen Tourenanbietern auch ein Stativ kostenlos ausleihen inklusive Tipps für die richtige Kameraeinstellung. Die Nordlichter sind definitiv Grund Nummer eins für Tromsø im Winter.
Die nordischen Restaurants
In den Sommermonaten boomt Tromsø, möchte doch jeder einmal in den Genuss der Mitternachtssonne komme. Spontane Besuche in gefragten Restaurants sind dann eher schwierig, wenn auch nicht unmöglich. In den Wintermonaten hingegen kommen nur wenige Touristen und man hat freie Auswahl bei allen Restaurants.
Ich legte einen Stop im Bardus Bistro ein. Die nordische Küche mit fangfrischem Fisch, einem Hauch Tradition und immer einem gewissen Etwas hat mich umgehauen. Die Zutaten kommen alle aus der Region (mit ganz wenigen Ausnahmen) und entsprechen der Saison. Die Portionen sind klein, ganz im Bistro-Stil, und sind erschwinglich.
Als nächstes muss die Fiskekompaniet erwähnt werden. Preislich eher am oberen Spektrum angesiedelt, verzaubert sie ebenfalls mit Gaumenfreuden aus der Region. Wie der Name schon verrät, dreht es sich um Fisch und Meeresfrüchte. Ein Highlight ist die Muschelsuppe, für die die Fiskekompaniet mittlerweile auch bekannt ist. Die Atmosphäre ist cool, modern und trotzdem gemütlich.
Wer den Abend noch gemütlich ausklingen lassen möchte, geht am besten ins Ølhallen Pub, dem ältesten Pub in Tromsø, das 1928 eröffnet wurde.
Die Natur
Bei Norwegen denkt jeder sofort an die raue Natur und die unbewohnte Weite. So natürlich auch in Tromsø. Umgeben von Bergen und Wasser füllt die frische Luft die geplagte Großstadtlunge. Im Winter bekommt die Rauheit noch eine zusätzliche Härte, die aber gerade den Reiz ausmacht. Kleine Wanderungen in der Region sind auch im Winter möglich. Große Wanderungen sind aber ohne das passende Equipment und die Erfahrung eher schwierig.
Stattdessen bietet sich ein Ausflug mit den Hurtigruten-Booten an. Ich fuhr von Tromsø nach Hammerfest. Gern wäre ich noch weiter gefahren, aber die Zeit hat nicht mehr ganz ausgereicht. Man kann entweder mit modernen Schiffen zwischen den norwegischen Inseln bis Richtung Finnland fahren, oder aber mit einem alten Postboot. Während das Postboot durchaus seinen Reiz hat, fühlt man sich eher wie auf einer Nusschale, wenn im Winter die Winde stärker sind. Seekrank bin ich zwar nicht geworden, aber viel gefehlt hat nicht mehr.
Es ist faszinierend, im Halbdunkeln die Berge auftauchen zu sehen, schneebedeckt und mächtig. Während das kleine bisschen Tageslicht vollends verschwindet, hört man nur noch das Rauschen des Meeres und sieht: nichts. Das ist unheimlich und faszinierend zugleich. Man kommt sich plötzlich sehr klein und nichtig vor – das Gefühl sollte man einfach mal erlebt haben.
Sightseeing
SightSEEing wirkt ein wenig übertrieben, denn mit Sehen ist beizeiten nicht so viel los. Aber: Ein paar Dinge lassen sich trotzdem erleben. Zum Beispiel das Polaria Museum, das nicht nur von außen ein Highlight ist: Es sieht nämlich aus wie mehrere aufeinandergeschichtete Eisschollen. Im Inneren dreht sich alles um das Leben am Polarkreis. So gibt es zum Beispiel mehrere Aquarium mit Fischen und Pinguinen, einen Durchgang unter einem Aquariumbecken und ein Panorama-Kino. Man lernt auf unterhaltsame, kurzweilige eine Menge über den Polarkreis, die Lebewesen und die Anfänge der Polarexpeditionen.
Als nächstes ist natürlich die Tromsø Brücke genannt, die das Stadtbild entscheidend prägt. Sie verbindet die beiden Stadtteile von Tromsø und bietet einen grandiosen Blick über den Tromsdalen. Die Brücke ist mit einer Gesamtlänge von einem Kilometer beeindruckend. Während der winterlichen Schneestürme fand ich es den Wahnsinn auf der Brücke zu stehen und mich vom Wind hin- und herschubsen zu lassen.
Wenn man schon auf der Brücke ist, läuft man am besten gleich weiter zur Eismeerkathedrale (Ishavskatedralen oder auch Tromsdalen kirke). In der Vorweihnachtszeit gibt es hier des öfteren Konzerte. Ich würde empfehlen sich den Kalender ein wenig genauer anzuschauen: zu den Mitternachtsmessen (Nordlichtmesse im Winter, Mitternachtssonnenmesse im Sommer) sind meist nur Touristen da. Bucht euch stattdessen Tickets zu norwegischen Konzerten, um eine etwas „echtere“ Erfahrung zu haben – sofern es andere Konzerte gibt.
Ruhe
Ein No-Brainer, aber dennoch erwähnenswert: die Wintermonate sind absolute Nebensaison, das heißt die Restaurants, die Sights und die Stadt samt Umgebung sind menschenleer. Die Ruhe ist himmlisch und lässt einen gerade in der Vorweihnachtszeit richtig runterkommen. Gleichzeitig bringt es auch unheimlich viel Ruhe in einen selbst hinein, da es weder Tag noch Nacht gibt. Uhrzeiten bzw. Öffnungszeiten sind zwar nicht abgeschafft, aber es ist interessant wie sehr der Druck im Kopf nachlässt durch das Fehlen von Tageszeiten. Der gewöhnliche Rhythmus wird vollkommen ausgehebelt. Gönnt euch die Auszeit und erkundet Tromsø und die Stille.