Manchmal hat man komische Konzepte davon im Kopf, wie etwas ist. Eine vermeintliche Wahrheit, die sich aber als gar nicht so wahr herausstellt, wenn man sich näher damit beschäftigt. Zum Beispiel das Erwachsensein: Mit 15 Jahren war jemand mit Mitte 20 total erwachsen und ab 30 ist man ohnehin steinalt. Bis man dann selber 30+ ist und feststellt, dass sich das Erwachsensein gar nicht so anfühlt, wie man immer dachte. Geschweige denn, dass man sich alt fühlt.
Ähnlich ging es mir offen gestanden auch beim Thema Stalking: Für mich war das eher ein Thema, das Promis betrifft. Sobald man als Schauspieler, Sänger oder Mensch der Öffentlichkeit einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht, kommen die kranken Stalker. Doch so ist es nicht, denn dank sozialer Netzwerke sind wir alle nahbarer und „bekannter“, auch oder gerade für Anonyme. Wir öffnen fremden Menschen Tür und Tor in unser Leben, zumindest in Teilaspekte. Dass das nicht nur Schönes mit sich bringt, hat sich bereits herumgesprochen. Hasskommentare und Shitstorms können theoretisch jeden ereilen.
Eine andere Tragweite bekommt es aber, wenn sich ein Fremder durch massenhafte Nachrichten, Anrufe, Kommentare und Briefe derart Zutritt in das Leben eines anderen Menschen verschafft, ohne Rücksicht auf dessen Gefühle. Das mussten zum Beispiel Mary Scherpe von Stil in Berlin und nun auch Jule Müller von im Gegenteil am eigenen Leib erfahren. Mary Scherpe schrieb bereits ein Buch darüber: An jedem einzelnen Tag. Jule hat heute einen Artikel zu ihren Erfahrungen veröffentlicht.
Sie beschreibt nüchtern und trotzdem emotional, was sie in den vergangenen Monaten durchgemacht hat. Aber auch, wie sie sich zur Wehr gesetzt hat.
Unbedingte Leseempfehlung: Stalking is a Crime – wie ein Fremder versuchte, sich in mein Leben zu drängen