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Was am Ende bleibt

Was am Ende bleibt

Vor ein paar Wochen erreichte mich die Nachricht vom plötzlichen Tod einer ehemaligen Kollegin. Wir haben nie eng zusammen gearbeitet, allein schon aufgrund der Distanz zwischen Deutschland und den USA. Ich habe, wie viele andere auch, ihr Leben über den Facebook-Stream am Rande mitverfolgt. Als ich einen Sonntag Morgen wach wurde, war mein Stream voll mit Bildern von ihr. Zunächst dachte ich, dass sie Geburtstag hat oder es eine andere Feierlichkeit gäbe. Irgendwann verstand ich, dass etwas passiert war. Wie sich später herausstellte, starb sie bei einem tragischen Wanderunfall am Grand Canyon, wo sie gerade ihren Urlaub mit Freunden verbrachte. Noch am Vorabend ihres Unglücks postete sie ein wunderschönes Bild auf Instagram. Sie sitzt am Rand des Grand Canyon und schaute sich den Sonnenuntergang an. Am Tag des Unglücks genügte ein falscher Schritt, um ihrem gerade einmal 35-jährigem Leben ein Ende zu bereiten.

Nun hat wohl fast jeder von uns schon einmal miterlebt, wie auf Facebook von geliebten Menschen oder dem Haustier Abschied genommen wurde. Ein Post mit Bild, viele Kommentare und Beileidsbekundungen. Reaktionen wie im Falle meiner ehemaligen Kollegin habe ich aber noch nie erlebt. Mein Stream war über Tage gefüllt mit Fotos von ihr, mit berührenden und lustigen Geschichten, Anekdoten ihrer Familie und unglaublich vielen Menschen, deren Leben sie berührte. Selbst deutsche Zeitschriften berichteten über ihren Tod, da die Social Media Aufmerksamkeit unfassbar groß war und das Unglück an sich so tragisch.

Make it count!

Obwohl ich nicht eng mit ihr befreundet war, kamen mir immer wieder die Tränen. Jedes Mal wenn eine neue traurig-schöne Anekdote im Stream auftauchte und ich stelle mir seither die Frage: Was würde von mir bleiben? Colleen hat nicht nur viele Menschen gekannt, sondern ihre Leben nachhaltig verändert und berührt. Sei es ein alter Schulfreund, dem sie nach seinem Outing eine Karte schrieb, um ihre Unterstützung auszudrücken und ihn für seinen Mut zu loben. Ihre Freunde, die immer wieder ihre positive Ausstrahlung und ihr Megawatt-Grinsen beschrieben. Der Musiker, dem sie durch ihr Community-Building und ihre konstante Unterstützung zum Durchbruch verhalf. Ein paar Wörter, die sich in fast jedem Nachruf wiederholen sind „love“, „passion“ und „joy“.

Was würde von mir bleiben, würde ich von heute auf morgen verschwinden?

Nicht nur das, sondern auch, was würde über mich gesagt werden. Was hätte ich bewegt, wen hätte ich berührt, wo eine Veränderung zum Guten erreicht? Die Kleinigkeiten, über die man sich so gern aufregt im Büro oder im Freundeskreis wirken plötzlich so unbedeutend und klein. Gleichzeitig macht es unsere Suche nach dem Glück und einer lebensfüllenden und bedeutungsvollen Aufgabe gleich so viel wichtiger.

Nicht immer macht alles Spaß, das Leben besteht aus Höhen und Tiefen. Ist es aber nicht das wichtigste, wenn man das, was man tut mit Hingabe tut? Ob es nun die Gründung einer Familie ist, der eigene Job oder der Aufbau der eigenen Selbstständigkeit, die Unterstützung von Freunden und Familie, sind es nicht Liebe, Hingabe und Freundschaft, die unterm Strich zählen?

Auch die Frage „Wie möchte ich erinnert werden?“ schwirrt mir durch den Kopf. Mit Sicherheit nicht als jemand, der am Dauernörgeln war, nur in der Vergangenheit hängt, keine Pläne und Ambitionen hat und sein eigenes Umfeld runterzieht. Wer möchte schon so in Erinnerung bleiben?

Das mag alles ein wenig dramatisch klingen, so, wie es auch bei Menschen klingt, die dem Tod ins Auge gesehen haben, aber sind diese Momente, in denen man alles in Frage stellt, nicht die wirklich klaren Momente? Ziehen wir nicht in solchen elementaren Augenblicken die richtigen Schlüsse und besinnen uns auf das, was zählt? Man darf sich doch wirklich glücklich schätzen, wenn man so einen alles in Frage stellenden Moment erleben darf, ohne dass das eigene Leben erst auf dem Spiel stehen musste.

Ich für meinen Teil nehme Situationen wie diese, in denen ich alles in Frage stelle auch als einen Anhaltspunkt, an mir selbst zu arbeiten, mich selbst in Frage zu stellen und mich weiterzuentwickeln, hoffentlich zu einem noch glücklicheren und zufriedenerem Menschen, als ich schon bin.

Happiness is letting go of what you think your life is supposed to look like and celebrating it for everything that it is.

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