fbpx
Reisen. Frauen. Auswandern.
Svenja kein Shopping

Ein Jahr lang nicht shoppen – Ein Rückblick

Ich habe mir vor mehr als einem Jahr vorgenommen, meinem Shoppingwahn einen Riegel vorzuschieben. Grund dafür war, dass ich mit dem Ausmisten gar nicht mehr hinterher kam, die Schubfächer und der Kleiderschrank immer zum Bersten gefüllt waren, obwohl ich doch gerade erst aussortiert hatte. Noch dazu fanden sich bei jedem Aufräumen Kleidungsstücke, die ich de facto nie getragen hatte. Was für ein Irrsinn. Gleichzeitig wurde in jedem Städtetrip Zeit eingeplant ausschließlich zum Shoppen – was eigentlich IMMER in Stress ausartetet und Impulskäufen von Dingen, die ich gar nicht brauchte. Ich kaufte einfach um des Kaufens Willen.

Als ich anfing Bloggern wie Dariadaria und ViertelVor zu folgen und mich zunehmend mit nachhaltiger Mode und Lebensmitteln auseinandersetzte, wurde ich mir langsam darüber bewusst, wie sehr meine Art des Konsums eigentlich unserem Planeten, der Umwelt an sich und anderen Menschen schadet.

Ich beschloss, dass ich etwas drastisch verändern musste. Das ist nun mehr als ein Jahr her.

Rückblick: Das geschah vor einem Jahr

Ich habe immer gerne geshoppt. New York, London, Amsterdam oder Hamburg, jede besuchte Stadt wurde sorgsam nach Läden durchforstet, die es in Berlin nicht gibt. Eine Obergrenze für das Budget hatte ich meist nicht. Obwohl ich Kleidung, Kosmetik und Dekoartikel in Hülle und Fülle besaß, kaufte ich weiter ein. Heute würde ich angesichts des inneren Drucks, den ich oft verspürte sagen, dass es an Besessenheit grenzte und suchtartige Züge hatte. Mit genießen oder sich etwas zu gönnen hatte das nichts mehr zu tun. Konsum, Konsum, Konsum – das war mein Credo.

Zu meinen Unmengen an Kleidung türmten sich Kosmetikartikel, viele aus Goodie-Bags, die nie benutzt wurden. Jedes Mal, wenn ich die Goodies bekam oder neue Produkte kaufte, gab es den kleinen Glücksmoment. Aber dieser Effekt hielt nicht lange.

Mein Schlafzimmer, meine Schubfächer, mein Kleiderschrank und schlussendlich auch mein Kopf waren einfach nur noch voll. Es wurde alles zu viel und ich konnte die neuen Einkäufe und Geschenke überhaupt nicht mehr wertschätzen.

Schluss mit dem Shoppen

Ich neige tendenziell zu Hauruck-Aktionen. So wurde ich vor mehr als zwei Jahren Vegetarier, ohne viel Planung oder Vorlauf. Es stand einfach fest. So machte ich es nun auch: Ich setzte mir in den Kopf, nicht mehr zu shoppen. Einfach, um herauszufinden, wie es mir damit geht. Gleichzeitig machte ich Inventur: Welche Kleidungsstücke habe ich, welche ziehe ich an und an welchen hänge ich. So flog innerhalb kürzester Zeit mehr als ein Drittel meiner Kleidung hinaus.

Den Vorgang wiederholte ich bei der Kosmetik: Was habe ich, was benutze ich, was ist noch originalverpackt und welche Produkte habe ich schon komplett vergessen. Darauf entstand ein großer Beutel mit Produkten, die ich kurzerhand an meine Freunde verschenkte. Raus mit dem Kram und knallhart reduzieren. Das fühlte sich großartig und befreiend an. Im Hinterkopf blieb aber die Stimme: Was, wenn ich zu viel ausgemistet habe? Wieviel würde ich vermissen? Muss ich am Ende gar Sachen nachkaufen?

Doch das Gefühl der Erleichterung blieb: Endlich wusste ich wieder, was ich habe. Alles erschien mir übersichtlicher und klarer.

So war das Jahr ohne Shopping

Der Start der Hauruck-Aktion liegt jetzt ein Jahr zurück. Die Zeit ging unglaublich schnell vorbei. Was vor einem Jahr spontan begann, wurde schnell zum Selbstläufer. Einer, der erstaunlicherweise keinen Rückfall herbeirief und mir auch kein Gefühl der Entbehrung vermittelte. Die frühen Abendstunden nach der Arbeit und die Wochenenden verbrachte ich mit Freunden und meinen Hobbies, statt durch Shops zu stromern. Ich setzte nicht einmal mehr einen Fuß in einen Laden oder in eine Mall. Ich ging direkt nach Hause oder in eine Bar oder ein Restaurant.

Das klingt nun zwar ziemlich banal, war aber ein großer Schritt für mich. Selbst das Verlangen in Online-Shops herumzuklicken verschwand. Lediglich ein einziges Mal musste ich etwas kaufen, nämlich eine Outdoor-Regenjacke. Sowas besaß ich bis dahin nicht. Anstatt ein Vermögen für eine neue auszugeben, kaufte ich eine Second Hand Jacke auf Kleiderkreisel, die mich nach Schottland begleitete.

Ich bin immer noch erstaunt, dass die neuen Trends an mir vorbeizogen und ich nicht im Geringsten das Gefühl hatte, etwas zu verpassen. Es war mir wirklich egal geworden. Auch die Fashion Week, die ich immer wieder gern besuchte, verlor ihren Reiz. Stattdessen finde ich die Ethical Fashion Week um ein vielfaches spannender, weil ich den Erfindungsreichtum der Kreativen unfassbar faszinierend finde. Schuhe aus Ananasleder? Megagut! Strumpfhosen aus Plastikabfällen aus dem Meer? So schlau!

Noch dazu finde ich es zunehmend schwer zu ertragen, einen Beitrag zur Fast Fashion zu leisten. Denn wer die News verfolgt und besagten Nachhaltigkeitsbloggern folgt, kann nicht mehr mit gutem Gewissen billig produzierte Mode bei Discountern kaufen. Wobei sich ausbeuterische Kleidung nicht nur auf billige Discounter beschränkt, sondern viel weitere Kreise zieht, aber das ist ein anderes Thema (passend dazu ein spannender Blogbeitrag auf ViertelVor: Warum wir die Recycling-Kollektion von Zalando leider für einen Fail halten)

Was ich aus dem vergangenen Jahr gelernt habe? Dass es am Ende doch gar nicht so schwer war zu verzichten. Der Zwang nach neuen Trends zu schauen, ebbte schon nach wenigen Wochen ab. Doch nicht nur mein Shopping-Verhalten hat sich geändert. Gleichzeitig ist nämlich mein Interesse an dem Thema Nachhaltigkeit, Fair Trade, Recycling und Projekten zum Umweltschutz enorm angestiegen. Schlichtweg weil es spanned ist, und weil es unheimlich positiv ist. Angesicht unserer heutigen Situation finde ich es fantastisch, dass sie so viele schlaue Köpfe nicht entmutigen lassen und immer weiter nach Lösungen suchen.

8 gute Gründe mit dem Shoppen zum Zeitvertreib aufzuhören

  1. Man spart Geld!
  2. Kein Ausmisten: Kein unendliches Ausmisten mehr, denn wo nichts oder nur wenig Neues hinzukommt, wird es nicht voll
  3. Quality Time: Mehr Zeit für Freunde und Hobbies, anstatt durch Läden zu stöbern
  4. Gefühl der Befreiung: Trends ziehen unbemerkt an einem vorbei, man entdeckt zeitlose Designs
  5. Wertschätzung: Man erfreut sich mehr an dem, was man hat. Das bringt Ruhe in den Kopf und man übt sich in Wertschätzung..
  6. Kreativität: Man wird kreativer, weil man das, was man hat immer wieder neu zu kombinieren versucht
  7. Zeitersparnis: Man spart Zeit, weil einen die Auswahl des Kleiderschranks nicht mehr erschlägt
  8. Fokus auf das Wesentliche und das Bewusstsein, dass jeder einen Beitrag zu einer nachhaltigeren Welt leisten kann
  9. Karma-Punkte, weil man an seine Mitmenschen, die in Fabriken schuften sowie an die Umwelt denkt

Sollten wir alle aufhören zu shoppen?

Die Moral-Keule schwinge ich nicht gerne, deswegen habe ich keine schwarz-weiß Antwort auf die Frage. Wir haben als Konsumenten allerdings eine laute Stimme und können mit unserem Verhalten mehr steuern und beeinflussen, als wir manchmal für möglich halten. Shoppen ist ja auch nicht gleich shoppen: Wer bei Fairtrade-Laden wir dem Avocado-Store oder Nandi einkauft hinterlässt einen anderen Fußabdruck, als jemand, der wöchentlich bei Primark einkauft.

Gleichzeitig gibt es aber viele unterschiedliche Lebensrealitäten und somit viele unterschiedliche Informationsstände und zur Verfügung stehende Budgets. Doch ein Aber möchte ich einwerfen: Es kann niemals schaden, sein Konsumverhalten kritisch zu hinterfragen und kleine Schritte in eine andere, nachhaltigere Zukunft zu machen.

Weitere Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.